Gut ein halbes Jahr ist es her, dass US-Präsident Donald Trump und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in einer gemeinsamen Pressekonferenz eine „neue Phase“ der transatlantischen Beziehungen verkündeten. Eine Phase, so heißt es in der von der Kommission im Anschluss verbreiteten Gemeinsamen Erklärung, die von enger Freundschaft und von starken Handelsbeziehungen geprägt sein werde, und aus der beide Seiten als Gewinner hervorgehen würden – globale Sicherheit und Wohlstand gleich mit eingeschlossen.

Einigung war eine Überraschung

Für mich waren die Einigung Juncker-Trump und die gemeinsame Presseerklärung im Rosengarten des Weißen Hauses eine Überraschung. Im Vorfeld waren die Erwartungen auch bei der Kommission selbst gering gewesen: Erst wenige Monate zuvor hatte Trump die rechtswidrigen Schutzzölle auf Stahl- und Aluminiumeinfuhren auf EU-Importe ausgeweitet; Mitte Juli hatte er die Europäische Union noch als handelspolitischen „Gegner“ der USA bezeichnet. Als Präsident Juncker Ende Juli vergangenen Jahres in den Flieger nach Washington stieg, standen die Zeichen also nicht auf Deeskalation.

Umso positiver waren die Reaktionen auf die Ankündigung Junckers und Trumps, gemeinsam an einer Abschaffung aller Zölle, Subventionen und nicht-tarifärer Handelshemmnisse im Industriebereich im Verhältnis EU-USA arbeiten zu wollen. Die EU-Seite habe „großartig verhandelt: Zölle runter, nicht rauf!“, twitterte etwa Bundeswirtschaftsminister Altmaier erleichtert. Ein halbes Jahr später stellt sich die Frage: Welche Fortschritte gibt es bei der Umsetzung der gemeinsamen Vorhaben? Und grundsätzlicher: Kann eine positive Handelsagenda mit einem derart sprunghaften US-Präsidenten überhaupt gelingen?

Kann eine positive Handelsagenda mit Trump gelingen?

Aktuell prüfen die EU-Mitgliedstaaten, ob die Europäische Union Handelsverhandlungen mit der US-Regierung aufnehmen sollte. Schon jetzt ist klar, dass es dabei – wenn überhaupt – nur um ein Abkommen im Industriebereich gehen kann. Zwar würde die US-Regierung gerne auch über Agrarprodukte verhandeln. Dazu ist die EU aber nicht bereit, da es nicht dem gemeinsamen Interesse aller Mitgliedstaaten entspricht. Ob auf Basis derart unterschiedlicher Vorstellungen eine Einigung zustande kommen kann, ist völlig unklar.

Aus meiner Sicht ist auch fraglich, ob die handelspolitischen Vorstellungen der EU mit denen der US-Regierung grundsätzlich vereinbar sind. Denn für die EU ist Handelspolitik mehr als der Austausch von Waren: Für sie bedeutet Handelspolitik auch, sich gemeinsam zu Arbeitnehmer- und Umweltstandards zu bekennen und auf internationaler Ebene zusammenzuarbeiten. Ich bin skeptisch, ob die aktuelle US-Regierung dazu bereit ist.

Zusammenhalt als Erfolgsrezept

Auf der US-Seite scheint noch immer die Hoffnung zu bestehen, die Europäische Union könne von ihrer Position abrücken und Verhandlungen etwa über Agrarprodukte doch noch zustimmen. Diese Hoffnung ist verfehlt. Denn der Meinungsbildungsprozess zwischen den Mitgliedstaaten in dieser Frage ist abgeschlossen, die gemeinsame Linie, an die sich die Kommission in den Verhandlungen halten wird, gefunden. Hier zeigt sich auch: Dass die EU-Mitgliedstaaten sich erst intern abstimmen und dann die Kommission in die Verhandlungen schicken, ist durchaus ein Erfolgsrezept. Denn so wird es fast unmöglich, die Union in den Verhandlungen auseinanderzudividieren.

Ob ein Industriezollabkommen mit den USA zustande kommt, wird sich zeigen. Klar ist: Auch, wenn die USA ein wichtiger Handelspartner sind, steht für die EU das Interesse, in der Handelspolitik geschlossen aufzutreten, an erster Stelle. Die Mitgliedstaaten sind sich durchaus der Tatsache bewusst, dass sie nur gemeinsam als Union ihr Gewicht auf der weltpolitischen Bühne entfalten können. Das gilt in den Verhandlungen mit den USA ebenso wie mit anderen Staaten.